Mittwoch, 22. November 2017

inselparadies



Niemand, der nicht unsere ausgangslage teilt, kann sich wirklich vorstellen, was für eine paradiesische insel der sprachvirus für uns ist. Hier sind wir erkannt, als die wir sind und erkennen uns selbst endlich als die, die wir sein möchten.

Wir können uns entspannen von der restlichen welt, die uns immer anders haben will und die uns dennoch nur als behindert akzeptiert, auch wenn wir uns anpassen und verdrehen. Hier müssen wir uns nicht anpassen und sind doch normaler als draussen im heim und auf der strasse. Und wir können mehr leisten im sprachvirus, obwohl uns hier keiner dauernd korrigiert.

querdenker: Der kontrast zu meinem restlichen aktuellen leben macht mich gerade total fertig, wenn ich daran denke. Ich kriege völlig panik vor dem ende der insel, wenn ich wieder in sturm und leere hinaus muss, wo ich haltlos untergehe. 

el hombre: bist du deshalb gerade so rumgesprungen?

querdenker: ja, musste den emotionen entkommen.

el hombre: ist okay. komm, wir kriegen das hin.

querdenker: hier schon. Draussen? Ich weiss nicht.

Mittwoch, 15. November 2017

von biologe zu politiker (von 'der biologe')



liebe leserinnen und leser 
Ich habe meinen berufswunsch geändert in letzter zeit. Ich will nicht mehr biologe werden sondern politiker. Ich will die diskussionen und entwicklungen in meinem land mitgestalten. ich will sensibilisieren für die schwierigen realitäten von behinderten hier und zeigen, dass jemand mit meinen schwierigkeiten und meiner diagnose gut denken und mitreden kann. Vielleicht werde ich der erste nationalrat, der im behindertenheim lebt? Würden sie mich wählen? 


Stellen sie sich das vor. Ich sitze in debatten während der  session, diskutiere gesetzesänderungen und arbeite in kommissionen. Und im heim staple ich holzklötze. Denn ich brauche ja für kommunikation und die bedienung von computern oder ordnern und so hilfe. Solch intensive assistenz existiert aber nicht im heim. Holzklötze stapeln kann ich zwar auch nicht alleine, aber das muss ja nicht logisch sein. Die wichtige frage lautet vielmehr: würden wähler einem zutrauen, gute gesetze zu machen, der im zivilen leben klötze stapelt? 

Mittwoch, 8. November 2017

handbuch: kommunikation mit idioten von a-z, teil 2 (von 'el hombre')



Als zweites geht es darum, wege zu finden, wie wir sprachliche zeichen produzieren können. Für viele von uns ist es einfacher, grafische zeichen anzuwählen als zeichen mit dem eigenen körper zu realisieren. Das liegt daran, dass viele von uns mit komplexen behinderungen probleme mit handeln, aufmerksamkeit, impulskontrolle, bewegungssteuerung, koordination, etc. haben.

Das ist auch ein wichtiger grund, warum so viele von uns mit lautsprache gar nichts oder nicht viel zustande bringen. Die meisten von uns, die überhaupt mit dem mund sinnvoll was äussern können, schaffen nur einzelne wörter oder sind in den immer gleichen automatismen und wiederholungen gefangen. Auf zeichen zu zeigen mit dem finger oder den augen ist zwar auch nicht leicht, wenn das rauskommen soll, was man tatsächlich sagen will und nicht irgendein scheiss. Aber das können wir mit der richtigen unterstützung lernen, weil es nicht so viel verdammte motorische kontrolle und koordination braucht.

Damit wir lernen können zeichen anzuwählen, ist es aber für die helfer aussen absolut zwingend, dass sie uns nicht nur wortschatz für viele situationen anbieten. Sie müssen auch dran bleiben, bis wir wege finden, die wörter auch sicher zu treffen. Aber daran hapert es, weil die allermeisten helfer viel zu schnell aufgeben und meinen, wir raffen es nicht mit der sprache.